In den letzten Wochen lag in den kommunalen Parlamenten die Lebacher Erklärung zur Unterschrift aus. Wir haben die Lebacher Erklärung nicht unterschrieben.  Wir waren auf dem Integrationsgipfel im März nicht vertreten und halten das Papier für einseitig, überholt und in Teilen für inhaltlich falsch. Zum Zeitpunkt der Abfassung der Lebacher Erklärung gingen wir im Bund noch von 300.000 im Land von 3.000 Zuwanderern aus. Mittlerweile haben sich alle Zahlen fast verfünffacht, d.h. ca. 1,5 Mio. im Bund und fast 14.000 im Saarland.

In der Lebacher Erklärung ist vielfach von den Pflichten unserer aufnehmenden Gesellschaft die Rede. Das ist in Ordnung. An keiner Stelle spricht die Erklärung von den Folgen für unsere Gesellschaft. Nirgends ist die Rede davon, dass die Aufnahmefähigkeit unserer Gesellschaft begrenzt ist. Nirgends ist die Rede davon, dass auch der aufnehmende Staat sich an Regeln zu halten hat, eben um die Aufnahmefähigkeit nicht über zu strapazieren. Täglich verstoßen quasi sämtliche Zuwanderer, die bei uns Asyl beantragen gegen § 16a des Grundgesetzes. Seit Jahren verstoßen viele Länder, die EU-Aussengrenzen besitzen, gegen das Schengen-Abkommen, da sie ihre Außengrenzen nicht ausreichend sichern. Das Dublin II-Abkommen wurde tatsächlich nie umgesetzt. Im Gegenteil, die während der Griechenland-Krise mühsam zugekleisterten Risse im Gefüge der EU reissen angesichts der sogenannten Flüchtlingskrise um so heftiger auf, da viele und bei weitem nicht nur osteuropäische Länder sich nicht vorschreiben lassen, welche und wie viele Zuwanderer sie auf ihr Territorium lassen möchten.

Eine Differenzierung der Zuwanderung erfolgt in der Erklärung nicht. Im Gegenteil, es wird z.B. ein zwangsläufiger Zusammenhang hergestellt zwischen der Flucht vor kriegerischen Auseinandersetzungen und dem dauerhaften Aufenthalt in Deutschland. Dabei muss es doch gerade das Ziel sein, den Kriegsflüchtlingen für die Dauer des Krieges Sicherheit zu gewährleisten, damit sie nach dem Ende des Krieges in ihre Heimat zurückkehren können. Es ist aus unserer Sicht unethisch, die Kriegsflüchtlinge als Humanreserve zur Ausbügelung der bevölkerungspolitischen Fehler der Vergangenheit zu betrachten.

Punkt 6 der Erklärung ist inhaltlich falsch. Der Zuzug von Migranten in nennenswertem Umfang wurde durch die Gastarbeiterabkommen in den Sechzigern eingeläutet. Der Grund bestand darin, dass die Industrie in Deutschland nach den schwierigen Jahren des Aufbaus auf Hochtouren lief und befürchtete, in Deutschland nicht mehr genügend Arbeitskräfte zu finden.

Es ist die Aufgabe der Verwaltungen und der Räte, innerhalb der vom Gesetzgeber vorgegebenen Randbedingungen alles dafür zu tun, dass die zugewiesenen Asylbewerber vernünftig untergebracht werden und soweit sinnvoll und möglich am öffentlichen Leben teilnehmen können. Es ist nicht die Aufgabe der Räte, unausgegorene politische Wunschvorstellungen zum Lackmustest politischer Gesinnung zu erheben.

Lutz Hecker