Im Vorfeld des heraufziehenden Wahljahres 2017 haben die Altparteien in Deutschland ein neues Thema entdeckt: Falschmeldungen im Internet, auf Neudeutsch Fake News. Sie befürchten dadurch eine massive Beeinflussung der Wahlen, vor allem durch so genannte Bots: Software-Programme, die auf Facebook oder Twitter durch Kommentare und Falschmeldungen systematisch Stimmung machen. Russland und hier voran Präsident Wladimir Putin wird sogar unterstellt, sich auf diese Weise zugunsten von Donald Trump in den US-Wahlkampf eingemischt zu haben. Ähnliche Befürchtungen werden nun für den anstehenden Bundeswahlkampf laut. Der Geschäftsführer der Unions-Bundestagsfraktion Grosse-Brömer, traut Putin auf diesem Weg sogar den Sturz von Kanzlerin Angela Merkel zu. Er fordert daher, soziale Netzwerke in Haftung zu nehmen, wenn sie Stimmungsmache und Falschmeldungen nicht unterbänden.
Tatsächlich eröffnet das Internet vielfältige Möglichkeiten für tendenziöse wie auch unqualifizierte Kommentare. Auch der gezielten und systematischen Stimmungsmache öffnet es dank seiner Anonymität Tür und Tor. Wenn offensichtlich manipuliert wird, ist es aber Aufgabe der Justiz, einzuschreiten. Liegt ein Straftatbestand vor, ist sie dazu sogar verpflichtet. Hier private Organisationen wie Facebook zur Zensur zu zwingen, entspricht nicht rechtsstaatlichen Prinzipien. Niemand käme auf die Idee, einen Wirt für idiotische Reden eines Gastes an der Theke verantwortlich zu machen.
Darüber gilt auch in den sozialen Netzwerken zunächst einmal das Prinzip der Meinungsfreiheit, selbst bei dummen oder blödsinnigen Posts. Die Forderung nach einer strikten Zensur des Internets besitzt zudem einen bitteren Beigeschmack: Bis zur Unterdrückung unliebsamer oder regierungskritischer Kommentare oder Seiten mit der Anschuldigung der Manipulation ist es dann nicht mehr weit. DDR reloaded.
Das Gejammer der Politiker gleicht zudem dem Vergießen von Krokodilstränen: Es liegt an ihnen, ein auch das Verhalten im Internet umfassendes Fairness-Abkommen für den Wahlkampf zu schließen. Ohnehin sollte nicht mit Steinen werfen, wer im Glashaus sitzt. Die Mutter aller Fake News, der angebliche Chemiewaffen-Besitz Saddam Husseins, der zum Irakkrieg führte, kam von etablierter politischer Seite. Und auch die anfängliche offizielle Beschreibung der Kölner Silvesternacht 2015 als ruhig und ohne besondere Vorkommnisse hielt der Wirklichkeit in keinster Weise stand. Konsequenzen daraus bisher: keine.