Noch auf dem Bremer Parteitag der AfD Ende Januar erhielt Bernd Lucke eine
Zwei-Drittel-Mehrheit für die von ihm gewollte und betriebene Satzungsänderung,
die (perspektivisch) nur noch einen Parteichef vorsah. Und mit hoher Wahrschein-
lichkeit wäre er es geworden.
Aber seitdem hat er jedoch in den Augen sehr vieler Mitglieder einige kaum
verständliche Fehler gemacht. Die Deutschlandresolution als Reaktion auf die
Erfurter Resolution war eine Überreaktion, die weiteren Streit provozierte anstatt
notwendige politische Diskussionen aufzunehmen und integrativ zu mäßigen.
Auch der von unserem Bundesschiedsgericht unterbundene Richtungs-Mitglieder-
entscheid hat viele verwundert. Darin sollte sog. „Fundamentalkritik“ an Staat,
Gesellschaft und Wirtschaftssystem unterbunden werden.
„Übertriebener Patriotismus“ – was auch immer das ist – wurde abgelehnt. Womit
Großbritannien erfolgreich Druck macht und worüber das Volk am Ende ab-
stimmen wird, nämlich über einen Austritt aus der EU, soll in der AfD noch nicht
einmal diskutiert werden dürfen! „Ebenso gut hätte man vorschlagen können, die
journalistischen Gebote des Axel-Springer-Verlages zu den politischen Leitlinien
der AfD zu erheben“, schreibt dazu der Philosoph Dr. Marc Jongen, unsere Nr.8
auf der Europa-Liste.
Was Bernd Lucke trotz aller Verdienste wohl endgültig um seine innerparteiliche
Mehrheit brachte, war der „Weckruf 2015“ mit der dazugehörigen Vereinsgründung
und dem möglichen Beitritt von Leuten, die der AfD noch nicht einmal angehören.
Auch Kritiker der AfD wie der Politikwissenschaftler Hajo Funke, sahen in
dieser Vereinsgründung einen die Partei schädigenden und gefährdenden Vor-
gang (welt.de vom 19.5.2015).
Wenn in diesem Weckruf z.B. das Bekenntnis zum freiheitlichen, demokratischen
und sozialen Rechtsstaat gefordert wird (§ 3, Abs. 5) kann sicher kein vernünftiger
Mensch etwas dagegen haben, auch nicht gegen das dort geforderte Bekenntnis
zur sozialen Marktwirtschaft. Auch nicht gegen die ausführlich formulierte Ab-
lehnung rassistischer, nationalistischer, antisemitischer ….usw. Positionen.
Wer aber, noch dazu als Sprecher und Bundesvorstand der AfD, solche Positionen
in die Satzung eines innerparteilichen Vereins schreibt, verdächtigt damit implizit
alle anderen und darf sich nicht wundern, wenn die sich, teils mit großer Em-
pörung, zur Wehr setzen.
Wer nach den Gründen der Buh-Rufe gegen Lucke und sein 38%-Wahlergebnis
bei einem riesigen Mitgliederparteitag sucht, wird hier fündig.
Wir erleben zur Zeit einen ersten, teilweisen und dramatischen Zusammenbruch
des Eurosystems, so wie von uns vorhergesehen und vorhergesagt.
Beglückwünscht man uns für unsere Klarsicht? Lobt man uns für den Alarm, den
wir geschlagen haben?
Werden Lucke, Starbatty, Meuthen und andere von uns in jeder Talkshow um
Erklärung gebeten? Natürlich nicht. Das kennen wir. Immerhin fangen unsere
Volksvertreter wenn auch schwerfällig und langsam an zu verstehen, was sie
angerichtet haben.
Für unser Land, unsere Partei und unseren neuen Bundesvorstand kommt es
jetzt darauf an, auch wesentliche und gefährliche Fehlentwicklungen in anderen
Bereichen – Asylpolitik, Energiewende, Gender-Wahnsinn, Rechtsstaatlichkeit,
TTIP, Bürokratie usw. – zu benennen, zu bearbeiten und unseren Wählern eine
bessere Politik anzubieten.
Für den Vorstand der AfD-Saar
Rudolf Müller