Kommentar von Joachim Paul (veröffentlicht auf alternativefuer-rlp.de)
Ein Brennpunkt der Flüchtlingskrise ist Ungarn. Ein Staat, den viele „Flüchtlinge“ über die Balkanroute erreichen. 50.000 in den letzten Monaten. Was in den Medien zu kurz kommt: Die Freizügigkeit innerhalb der EU beruht auf der Verpflichtung der Staaten mit einer EU-Außengrenze sie nach dem Schengener Vertrag zu sichern. Offene Grenzen innerhalb der EU setzen wirkungsvolle Kontrollen an den EU-Außengrenzen voraus.
Aber mit Verträgen ist es so eine Sache in der EU: Genauso wie der Maastrichter Vertrag sind Schengen, aber auch längst Dublin II nur noch Makulatur.
Vor Monaten hatte die ungarische Regierung mit der Grenzsicherung ernst gemacht, auf eigene Kosten. Diese Sicherungsmaßnahme einer demokratisch gewählten Regierung firmiert in den Leitmedien als „Orbans Zaun“ oder wird von der Politik als „eiserner Vorhang“ bezeichnet. Dabei ist er kaum mehr als ein nur einfacher Versuch, Maßnahmen für eine solide Grenzsicherung zu einzuleiten. Ein Treppenwitz der Geschichte: Sie dient nun offenbar dazu, die Mär von „Orbans Diktatur“ zu nähren. Man beschwört jene Zustände herauf, die Ungarn zum robusten Einsatz der Exekutive zwingt.
Europa? Willkommen in Absurdistan
Die FAZ am Sonntag titelte mit Schaum vor dem Mund: „Ungarn macht die Balkanroute dicht.“ Immer noch überschlagen sich die Medien mit Kritik. Die Grenzsicherung sei mal „nutzlos“, mal „unmenschlich“, mal „Symbolpolitik“. Als würde gerade die bundesdeutsche Regierung oder das EU-Gespann Juncker-Schulz durch Tatkraft, Kompetenz und Effizienz glänzen. Erst am 3. September wollen Juncker und Schulz mit Viktor Orban über die aktuelle Situation konferieren. Ob das EU-Duo dort den Zusammenhang zwischen der Schengen-Chimäre und dem Asyl-Chaos kritisch reflektiert, ist nicht zu erwarten: Willkommen in Absurdistan.
Kluft zwischen EU-Staaten wird sichtbar
Die ungarische Regierung muss diese pauschale Kritik befremden. Es sei schließlich Deutschland, das den „Einwanderungsmagneten angeworfen“ habe und diese Maßnahmen nötig mache. Das sehen auch die Österreicher so, und hier regiert Schwarzrot. Eine für die EU typische Kluft wird sichtbar: Die Bundesrepublik bzw. die Bundesregierung stolziert im Nerz moralischer Überheblichkeit, Ungarn – um das die Rettungsmilliarden trotz jahrelanger Wirtschaftskrise einen Bogen machten – wird zum „Land des Stacheldrahts“ degradiert.
Ende des Schengen-Systems
Mittlerweile kampieren hunderte „Flüchtlinge“ (darunter Männer aus Sri Lanka, Mali, Pakistan) in ungarischen Städten von Szeged bis Budapest und fordern lautstark den Transport nach Deutschland. Nach dem Dublin II Abkommen sind sie in der EU, in Sicherheit. Anspruch auf einen Aufenthaltstitel besteht nicht. Doch in der Zeit großer Gesten stören Hinweise auf geltendes Recht das aktuelle politisch-mediale Idyll. Die rollenden Züge in Richtung Deutschland dokumentieren dreierlei: Den Zusammenbruch des kafkaesken Schengen-Systems, die blamable Handlungsunfähigkeit der EU und die Zerrüttung der Beziehungen zwischen einst eng befreundeten EU-Staaten, die doch eigentlich Partner sein sollen. Und da soll wieder einmal mehr Brüssel, noch mehr EU die Lösung sein? Absurd.
Das Ende der Verträge
Es ist bezeichnend für die sich „pro europäisch“ inszenierende Politik, dass sie angesichts der sich zuspitzenden „Völkerwanderung“ die eigenen Vertragswerke quasi durch die Feuilletons außer Kraft setzen lässt. Wo aber Verträge nichts mehr gelten, herrscht schon bald Willkür.
Originalkommentar auf http://www.alternative-rlp.de/fluchtpunkt-ungarn-schengen-und-dublin-ii-sind-makulatur/