Der stellvertretende Landesvorsitzende der AfD Saar Lutz Hecker zur Situation des Ford-Werkes Saarlouis:
„Ford hat vor gut einer Woche mitgeteilt, ab 2030 nur noch Elektroautos bauen zu wollen. Was bedeutet aber diese Entscheidung nun für Saarlouis? Die Festlegung auf eine reine E-Flotte ist eindeutig an den politisch gesetzten Rahmenbedingungen orientiert. Sie bedingt einen deutlichen Rückgang der Fertigungstiefe. Ob batterieelektrische Fahrzeuge sich ohne Subventionen am Markt durchsetzen können, ist zudem fraglich, auch und gerade wegen der mangelnden zuverlässigen Verfügbarkeit von ausreichend kostengünstigem Strom. Letztlich wird eine Konzentration auf den Elektroantrieb bei Ford in Europa zu deutlich weniger Beschäftigung führen und in der Konsequenz die Daseinsberechtigung von vier großen Werken in der EU oder zwei Werken in Deutschland in Frage stellen. Die Entscheidung für Köln kann und muss also letztlich auch als Entscheidung gegen Saarlouis gewertet werden. Die Zukunft des Werkes nach dem Auslaufen des Focus ist massiv gefährdet. Alle diese Tatsachen sind nicht neu und die Mitteilung des Betriebsrates, wonach sich durch die Reduzierung der Focus-Produktion in diesem Jahr ein Personalüberhang von 600 Mitarbeitern ergibt, unterstreicht nur die schlimmsten Befürchtungen.
Auf der anderen Seite haben wir einen Global Player Great Wall Motors, der mit seiner Tochter SVOLT in den europäischen Markt drängt und dazu im Saarland zwei Werke errichten will mit einer Kapazität von bis zu 500.000 neuartigen Fahrzeugbatterien. Nun ist es schlichtweg undenkbar, dass SVOLT mit gerade einmal ein paar Handvoll Mitarbeitern in Europa im Saarland eine Milliardeninvestition betreibt, ohne dass der mächtige Mutterkonzern dahintersteht. Und dazu gehören auch strategische Interessen. Wenn SVOLT nach eigenen Angaben neuartige kobaltfreie Batterien mit gesteigerter Energie- und Leistungsdichte produziert, also letztlich gebrauchsfreundlichere Produkte herstellt, so ist mit einiger Sicherheit davon auszugehen, dass zunächst einmal die Konzernmutter davon profitieren will. SVOLT ist also ein Türöffner, um Great Wall Motors mit einem wettbewerbsfähigen Produkt (im Saarland gemeinhin als „Auto der Zukunft“ bezeichnet) im europäischen und insbesondere deutschen Markt zu positionieren. Vor diesem Hintergrund ist auch die Standortauswahl zu verstehen. Neben den Vorteilen einer sicheren Energieversorgung (Vigy-Leitung), einer ausreichenden Wasserversorgung (Saar), einem gut ausgebildeten Facharbeiterpool und einer gewährleisteten Rohstoffversorgung über den Dillinger Hafen, dürfte auch das Vorhandensein eines modernen und effizienten Automobilwerkes inclusive Zulieferer praktisch vor der Haustür eine gewichtige Rolle gespielt haben.
Was liegt nun näher, als die Interessen zweier Großkonzerne in einer Win-Win-Situation zusammenzuführen. Auf der einen Seite haben wir den Ford-Konzern, der aufgrund seiner Strategie schlichtweg keinen Bedarf mehr für alle seine Werke in Europa hat. Auf der anderen Seite haben wir mit Great Wall Motors einen aufstrebenden Großkonzern, der mit innovativen Produkten den Sprung in den europäischen Markt anstrebt.
Was ist also zu tun? Die Landesregierung sollte, statt immer wieder dieselben Sprechblasen Richtung Ford zu schicken, den Ministerpräsidenten nach Dearborn schicken, um dort mit der Geschäftsführung direkt zu sprechen. Tobias Hans hat erst kürzlich erklärt, er werde das auch zu gegebener Zeit tun. Angesichts der kürzlich verkündeten strategischen Entscheidungen ist dieser Zeitpunkt vordergründig erstmal verpasst. Was aber möglicherweise noch nicht zu spät ist, er kann dort die Vertreter der Konzernzentrale einladen, sich mit der Landesregierung und den Vertretern von Great Wall Motors an einen Tisch zu setzen, und einen Austausch über die Möglichkeiten der Entwicklung des Automobilstandortes Saarlouis zu führen. Klugerweise sollte er dazu auch in Baoding, der Konzernzentrale von GWM vorsprechen.
Denn unstrittig ist, dass sich der Automobilstandort Saarland in einer tiefen Krise befindet. Aufgabe einer Landesregierung ist es, nicht nur den Verfall zu verwalten, sondern auch Perspektiven zu erkennen und mutig voranzutreiben. Entscheidend wird auch sein, dass Land und insbesondere die Strukturholding Saar zeigt, dass sie mit SVOLT in der Lage sind, die ehrgeizigen Pläne auch im gesetzten Zeitrahmen umzusetzen. Es ist jetzt an der Zeit, im Interesse aller Beschäftigten im Automotive-Sektor in Saarlouis und im gesamten Saarland zügig zu handeln. Die Probleme werden praktisch täglich drängender.“
Im Landtag scheint diese Erkenntnis noch nicht ganz durchgedrungen zu sein. Hat man doch einen entsprechenden Antrag des Abgeordneten Lutz Hecker (AfD) für die kommende Sitzung, sich mit der Problematik Ford Saarlouis zu befassen, in den April verschoben.